Ist es die geschwungene Eleganz, in welcher der Faltenwurf des Umhangs mit dem aus der Vase strömenden Wasserschwall harmoniert, oder die schmucke Haartracht mit aufgestecktem Diadem, die der Gestalt ein edles, feenhaftes Aussehen verleiht? Oder die überrasehende Konvergenz von Material und Motiv? Während eine Hand der Göttin durch das Ausgießen des Vaseninhalts einer dem Volk glücksbringenden Großzügigkeit Ausdruck verleiht, gibt die andere mit der Fingerhaltung ihre Mittelstellung in der Heiligenhierarchie preis. Zu Füßen der Gottheit sprießen Lotosknospen und -blätter. Dies ist einerseits ein Verweis auf den Begründer des Buddhismus, den nordindischen Prinzen Gautama Shakayamuni den Erleuchteten, welcher der Mythologie nach aus Lotos hervorging und in Lotos zurückkehrte. Andererseits ist die Lotosblume auch ein Symbol der Reinheit und Anmut angesichts des Schlammes, aus dem sie sich emporrankt.
Kuan-yin, wie die Chinesen die buddhistische Gottheit Avalokiteshvara nennen, wurde im 2. Jh. nach der Übersetzung sanskritischer Schriften ins Chinesische im Reich der Mitte bekannt. In der Gegenwart ist der Glaube an die barmherzige Frauengestalt im Volk auf Taiwan sehr weit verbreitet; sie kennt in ihrer Beliebtheit nur wenige Konkurrenten. Ihre Darstellung in der Kunst nahm vom 3. Jh. an ihren Aufschwung und stand im 7./8. Jh. in vollster Blüte. Mit dem Buddhismus verbundene Motive erfreuen sich unter anderem bei Holzbildhauern heute immer noch häufiger Verwendung. (Aus der Sammlung von Ts'ao Chin-sung. Lesen Sie dazu auch unseren Artikel "Religiöse Holzschnitzkunst".)